Lici Toncha
Lici Toncha bin ich in Moreta. Jeden Donnerstag und Freitag, wenn ich den Bus nehme, der einmal um Viertel vor, zweimal gar nicht und meistens um Viertel nach kam- was zur Folge hat, dass der Bus einmal auf mich und ich zweimal 3 Stunden und meistens eine halbe Stunde an der Straße auf den Bus warten musste; immer wenn ich also diesen Bus nehme, dann erwartet mich die Schar Moreta-Kinder immer schon ganz freudig. Kaum steige ich die Stiegen des Busses herab, der es plötzlich eilig hat, weshalb ich das letzte Stück ein wenig springen muss, schon kommen mir die Kinder entgegengerannt. <<Lici Toncha!>> Von allen Seiten werde ich gedrückt, gekuschelt, umarmt. Dann springt mein Herz fast aus der Brust und für die gute Laune am restlichen Tag ist vorgesorgt. Lici Toncha lacht fast andauernd, ohne drüber nachzudenken. Manchmal ertappt sich Lici Toncha dabei, dass sie gerade am meisten Spaß hat an den Singspielen und den Ball für eine Lici vielleicht ein bisschen zu enthusiastisch wirft. Wenn man so etwas wie vollkommen glücklich und im Moment sein kann, dann als Lici Toncha. Rasch suchen die Kinder nach Paddington, dem Englischmaskottchen, ziehen seinen Hut wieder fest, denn die Naht hat mittlerweile unter all seinen neuen Freunden und Eltern gelitten. Damit kein Streit ausbricht unter den Kindern, darf ich nicht vergessen, alle paar Minuten einen Kuscheltier-Kümmer-Wechsel anzukündigen. Selbst wenn ich die Sekunden akribisch abzählen würde, es wird sich doch immer beschwert: <<Das ist ungerecht! Die Zeit war viel kürzer, als bei Mayla/Emzo/Neymar>> <<Mit Paddington vergeht die Zeit eben schneller, das ist schwer zu begreifen, aber wahr.>> Nachdem ich mit der ersten bis dritten Klasse viel gesungen habe und wir ganz viele neue wilde Tiere gelernt haben, geht es ab in die Pause. Auf meinem Stammplatz beobachten wir die älteren Kinder beim Fußballspielen und die Kinder drücken sich von Woche zu Woche enger an mich. Manche kuscheln sich in meine Jacke, andere flechten Lici Toncha eine Frisur (Die ich wohlbedacht erst im Bus wieder aufmache) oder erzählen eifrig.


(Foto 1: Karneval als Lici Toncha)
(Foto 2: Karten, die ich am día del maestro bekommen habe)
montoña
Montoña bin ich dreimal die Woche in Guayama. Montoña zu sein ist deutlich anstrengender als Lici Toncha zu sein, denn in Guayama läuft so einiges drunter und drüber. Die dritte Klasse ist wahnsinnig süß und motiviert, die fünfte Klasse auch, sodass sie mittlerweile am besten Englisch sprechen von allen. Die siebte Klasse ist Pubertät in Person- was manchmal ganz lustig ist, meistens aber ganz anstrengend. In der neunten Klasse schläft der Lehrer, der hinten mit drinsitzt, denn er studiert nebenbei noch, sodass ihm nur 3 Stunden Schlaf bleiben. Dennoch erfüllt es mich ungemein, montoña zu sein. Mittlerweile habe ich auch Gesprächsthemen mit den Kichwa-Dorfbewohnern gefunden und freue mich, mein altes Heimatsdorf wiederzusehen.



(Foto 3: Die Kinder stehen Schlange vor der Küche. Hier wird in der Pause eine Suppe verteilt.)
(Foto 4: montoña mit der dritten Klasse)
(Foto 5: Die Konstruktion der Häuser in Guayama)
Barbara
Barbara bin ich erst seit ein paar Monaten. Und Barbara ist mit das Beste, was mir passieren konnte. Auf dem Blog hier habe ich es meine ich noch gar nicht erwähnt. Im Dezember/Januar hatte ich einen Monat lang eine echt heftige Allergie gegen den Schimmel in meinem Zimmer in Guayama. Wir haben alles Mögliche versucht: Ich habe die Wand mit Cola eingeschmiert, das Moos von außen abgespachtelt, meine Zimmerdecke zum Schutz vor den Regentropfen mit Zewa abgeklebt. Keine Chance- meine Augen blieben zugeschwollen und mir nichts anderes übrig, als Wohnort zu wechseln. Gar nicht so einfach, denn in Guayama sind alle Häuser sehr einfach aus Steinen gebaut, die wenig Schutz vor Nässe und Kälte und somit auch Schimmel bieten. Durch eine Glücksbekanntschaft wurden wir dann von einer herzlichen Familie in Chugchilán, einem anderen Dorf, mehr oder weniger in der Nähe aufgenommen. Seitdem ist nicht nur meine Allergie verschwunden, sondern auch meine Einsamkeit, denn jeden Tag kommen neue Touristen in das Hostel. Meistens sitzen wir nach der Schule noch länger in der Küche und unterhalten uns mit Mariella, Thalia und Osioso, die im Hostel arbeiten. Barbara backt nachmittags für die Touristen und serviert das Abendessen.
Warum ich das alles schreibe? Ich habe Angst davor, mich von Toncha, montoña und Barbara zu verabschieden! Nur noch ein Monat bleibt mir hier in den Anden, und die Zeit verfliegt rasant. Da stresst es mich ziemlich, bald wieder Tonja sein zu müssen. Mittlerweile bin ich richtig angekommen und fühle mich Zuhause. Ich bin so dankbar, dieses Jahr hier in Ecuador erleben und mit all den lieben Kindern arbeiten zu dürfen.
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